pictographic events: reviews

Falter

Will man Saskia Hölblings neues Stück „pictographic events“ verstehen, muss man sich kurz die Bedeutung von Piktogrammen in der heutigen, globalisierten Welt vor Augen führen. Jene Zeichen oder Bildsysteme, die – etwa auf Flughäfen – Menschenmassen ohne gemeinsame Sprache oder gemeinsamen kulturellen Hintergrund in dieselbe Richtung dirigieren, sind so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner einer Information oder Handlungsanweisung. Im Gegensatz dazu bezieht nun das Stück seine Spannung daraus, die Zeichen im Sinne ihrer größtmöglichen Deutung zu verwenden.

Hölblings Beschäftigung mit der Familie der Piktogramme hat nichts mit Posen und einer eindimensionalen Umsetzung der Zeichen zu tun. Allerdings führt die Auseinandersetzung mit den Bildsymbolen zu einem ganz eigenen Körperverhalten. Neutralisierende Elemente sind die schwarzen und weißen Ganzkörperanzüge aus Lycra, in die sich ihre fünf Tänzerinnen hüllen.

Während Piktogramme nur auf eine Weise verstanden werden sollen, geht der Tanz über diese erste Bedeutung hinaus. Durch Kontextverschiebungen entstehen überraschende Wendungen, die in diesem Stück auch viel Humor zulassen. Die Tänzerinnen, Gestalten in Schwarz und Weiß und manchmal auch in Rot, nehmen sich alltägliche Gesten her und überprüfen sie auf ihre Ökonomie. Das Bewegungsmaterial ist so unterschiedlich wie bekannt: Da wird gegen die Wand gepinkelt, der Umriss einer Leiche markiert, Aerobic vorgeführt. Doch der Darstellungsmodus wechselt ständig: In Duos und Trios kann tänzerisch, comicartig, aber auch filmisch verfahren werden.

Neben der reduzierten Farbpalette bei den Kostümen orientiert sich auch die Bühnengestaltung an der Ästhetik von Piktogrammen. Räumliche Distanzen und dreidimensionale Gegenstände werden oft nur durch einen Strich angedeutet. Auf dem schwarzen Tanzboden definieren zwei weiße Balken die Raumtiefe. Für die Musik von Heinz Ditsch und die Videos von Doron Goldfarb gilt, dass sie in ihrem Genre auch so etwas wie eine piktografische Sprache entwickeln. Saskia Hölbling zählt mit ihrer Compagnie DANS.KIAS zu den fixen Größen der heimischen Szene.

Bettina Hagen

Kurier

Drehten sich Hölblings letzte Arbeiten vor allem um weibliche Körper, so beschäftigen sie nun grafische, universell verwendete Zeichen und Symbole. Wie Pixel erscheinen fünf in weiße, schwarze und rote Ganzkörpertrikots mit Masken gehüllte Tänzerinnen. Verändert scheint nicht nur die choreografische Form, sondern auch Inhalte und der Umgang mit Zeit. Zelebrierte Hölbling zuletzt Langsamkeit, so setzt sie nun auf eine rasche Szenenfolge mit vielen, oft stereotypen Wiederholungen. Immer wieder erstarren die Performerinnen nach schnellen Schritten in Posen, Skulpturen und Bewegungen aus zeitgenössischem Tanz sowie Ballett. Themen wie Missverständnisse in der Kommunikation, Machtspiele, Klischees von Frauen- und Männerrollen werden angerissen, jedoch nicht weiter geführt und mit immer wieder neuen Ideen übermalt.

Silvia Kargl

Wiener Zeitung

Saskia Hölbling hinterfragt in "pictographic events" die Wirkungskraft von Piktogrammen, die den heutigen Alltag bestimmen. Dafür steckt die heimische Choreografin fünf Tänzerinnen ihres Ensembles in Ganzkörperanzüge. Von Kopf bis zu den Zehenspitzen, eben Piktogrammen gleich. Diesmal steht bei Hölbling weniger der Körper an sich im Mittelpunkt des philosophischen Konzepts als die Auseinandersetzung und vor allem auch die Sensibilisierung in Hinblick auf die omnipräsente globale Zeichensprache. Hölbling versucht, der einfachen, linearen Symbolik eine komplexe Ebene hinzuzufügen. Die Choreografin zeigt abstrakt  die Konsequenzen des piktografischen Eigenlebens, wenn sie etwa mit Frauengeschrei einen Autounfall und seine Folgen andeutet.

Verena Franke

Senf-TV
Probenaufnahme

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